Donnerstag, 12. März 2009

ein Aperitif, Reis mit Scampisosse und als Nachschlag gibt's n Faustschlag

Dies ist die Geschichte von einem Restaurant. So wie es den Anschein hat, ein voellig normales Restaurant mit voellig normalen Bediensteten. Sie servieren, sie bringen die Rechnung und sie kassieren.
Doch Irgendetwas ist anders. Sie sind nicht sooo freundlich wie anderswo, ihr Gesichtsausdruck nicht ganz so weich wie er eigentlich sein sollte und sie sind nicht ganz so aufmerksam wie wir es eigentlich aus indischen Lokalen gewoehnt sind.
Gestern haben wir erfahren wieso dem so ist. Denn das Restaurant befindet sich im Krieg und die Kellner muessen neben ihren Kellnertaetigkeiten an der Front auf Leben und Tot kaempfen. Die Brutalitaet der Strasse hat sie hart und unerbittlich gemacht, wobei jeglicher Respekt anderen Menschen gegenueber verloren gegangen ist.

Am Besten ich fange von vorne an:

Als wir gestern im Fort Kochi ankamen, verabredeten wir uns mit unseren beiden Bekannten aus Kalpeta, der Susanne und dem Robert aus Schwaben fuer den Abend zum Essen. Wir trafen uns um 19 Uhr bei den malerischen, chinesischen Fischernetzen und begaben uns in das erstbeste Lokal, in dem zu unserer Ueberraschung nur Auslaender assen. Bis jetzt war es immer so, dass die Restaurants doch von indischen Kunden dominiert waren. Nun, wir sassen uns an den freien Fensterplatz, bestellten unser Essen bei dem etwas komisch wirkenden Kellner und assen.
Bis zu diesem Zeitpunkt ein ganz normaler Abend. Irgendwann, wir waren mit dem Essen schon fast fertig, begann vor unserem Fenster - wir hatten also Logenplaetze -die Tragoedie. Ein relativ alter Inder schlug einem anderen, etwas Juengeren, ins Gesicht. Sehr schnell stroemten von allen Seiten Maenner hinzu und schlossen sich der Schlaegerei an. Als es wieder vorbei zu sein schien und wir uns ueber die Brutalitaet dieser doch recht harten Konfrontation ausgelassen hatten, drehte ich mich um um ein Wasser zu bestellen. Doch unser Kellner war weg. Ich drehte mich zurueck und da war er. Ausserhalb des Restaurants mit einem grossen Stein in einer Hand, den er recht zielgenau auf einen Kaempfer der scheinbar gegnerischen Partei zufliegen lies. Es wurden Steine zurueckgeworfen und das Ganze fing von vorne an.
Nach einem Weilchen erschien er wieder im Restaurant, und brachte mir mein Wasser als ob nichts passiert waere, voellig ruhig und routiniert.
Irgendwann wollten wir dann bezahlen, schliesslich war der Kampf fast vorbei und die gegnerische Armee war dabei sich von der Frontlinie zurueckzuziehen, doch der Kellner war wieder weg. Ich drehte mich also wieder zurueck und siehe da: Er und all das andere Personal unseres Restaurants hatten einen der fliehenden Maenner erwischt und traten zu dritt auf den am Boden liegenden Mann ein. Gottseidank kamen andere zurueck, befreiten den heftig blutenden Mann und schlepten ihn weg.
Zwei bis Drei Stein- und Flaschenwuerfe spaeter kamen die Bediensteten nacheinander zurueck ins Restaurant und nahmen ihre normale Arbeit wieder auf. Wir bezahlten - Trinkgeld gabs keins - und gingen. Dabei bekamen wir noch mit wie die Polizei auf Motorraedern anrueckte. Allerdings schienen diese auf der Seite unseres Restaurantpersonals gewesen zu sein, welches aus unserer Sicht aber eindeutig zur negativen Entwicklung der Situation beigetragen hatte. Ich hoffe nur, die Polizisten haben die fluechtigen, verletzten Kaempfer der, von Seiten des indischen Gesetzes eindeutig als "boese" eingestuften Gegenpartei, nicht gefunden, denn diese Konfrontation haetten diese hoechstwahrscheinlich nicht ueberlebt. So kann man jeden Tag in der Zeitung lesen, dass indische Polizisten dazu neigen, Menschen - nicht selten unschuldige - bei Verhoeren zu erschlagen und wie wir schon von so manch beraubten Reisenden gehoert haben, bestehen sie bei Touris darauf, dass der Geschaedigte zusieht, wie sie dem scheinbaren Taeter mit dem Kantholz zu Leibe ruecken um Informationen aus diesem herauszubekommen. Schliesslich moechten sie ja zeigen, dass sie sich bei der Aufklaerung des Falles alle Muehe geben...
Macht anstreben, fuer Macht im Viertel kaempfen oder vom Gesetz verliehene Macht mit allen Mitteln ausueben: Der ganz normale Alltag eines indischen Restaurantpersonals und dessen Freunde von der indischen Pozilei.

Mittwoch, 11. März 2009

A short story about indian busses



Warum sich Türen nach aussen öffnen, Platz einen dimensionslosen Raum darstellt oder auch die Geschichte von Vomit der kleinen indischen Plastiktüte


Ja liebe Leser heute ist es mal an der Zeit ein wenig von den Verkehrsmitteln unserer Reise zu berichten: vorzugsweise der indische Nahverkehrsbus.

Die lärmenden kleinen Rumpelkisten, ausgestattet mit 4 Rädern (+\- Reifen), 1-2 Einstiegstueren, ca. 20 Sitzen, einem kräftigen Motor und nichtzuvergessen einem Zig-Köpfigem Buspersonal, sind im indischen Nahverkehr kaum wegzudenken. So bringen sie doch einen jeden von A nach B und das zum äußerst kleinen Preis.
Ist der Huegel noch so steil,das Gewässer noch so tief oder der Dschungel zugewuchert wie'd Sau und voller wilder Tiere, mit dem Gaspedal, einer Hupe und etwas Akrobatik aus der Huefte bezwingt der Busfahrer ein jedes Hindernis.

Die wohl eindrucksvollste Erfahrung durften wir eines Morgens auf unserem Weg in den Sueden machen. In aller Herrgottsfrueh um halb sechs bestiegen wir also unseren Bus der uns zurueck in Richtung Kueste bringen sollte. Laut Aussage eines heimischen wuerde der Weg ins ca. 2000m tiefer gelegene Calicut ungefaehr 1,5-2h dauern. "Ein bisschen schneller als der Weg hier rauf!" meinte er und wir stimmten mit einem Nicken zu, geht ja immerhin auch Bergab...aber dazu gleich mehr.
Als wir den aus dem Nichts der Dunkelheit erschienenen Bus voller Erwartungen bestiegen, mussten wir leider gleich feststellen dass schon halb Indien im Bus sitzt und uns nichts als ein Stehplatz bleiben wuerde. Als dann auch das Problem mit dem Gepäck geklärt war liessen auch nach und nach die interessiert dreinblickenden Augenpaare der Fahrgäste von uns ab und schlossen sich um den morgendlichen Schlaf fortzusetzen.


Nach nur wenigen Metern wurde uns klar, dass wir eine wohl anstrengedere Fahrt als erhofft vor uns haben wuerden. Mit Vollgas und Gehupe durch die Dunkelheit, krallten wir uns Kurve rechts, Kurve links ans Gestänge stets der Gefahr bewusst mit dem Kopf bei der naechsten Bodenwelle durch das viel zu niedrige Busdach zu stoßen.

Nun wussten wir was der alte Mann zuvor versucht hat uns zu vermitteln.
So führte uns der Weg den Berg hinab, in Kurven auch scheinbar zeitweise auf zwei Rädern und die Bremse nur als allerletzten Ausweg, von Haltestelle zu Haltestelle.
Leider stiegen an jeder Haltestelle 5 weitere Leute ein und wir wurden so langsam in das Fahrzeuginnere geschoben. Erst in einer Reihe hintereinander, dann das ganze ein wenig enger...dann mussten wir schon zweier Reihen machen...dann das ganze noch ein wenig komprimiert...und raus kommt dabei ein Haufen verwurschtelter Menschen. Festhalten war nicht mehr nötig, man konnte jetzt einfach durch die Menge schaukeln. Voll war der Bus aber noch lange nicht. Da sich die meisten indischen Bustüren nach aussen öffnen lassen hängten sich die nächsten Fahrgäste einfach aussen dran.
Keiner dieser Umstände natürlich durfte Verantwortlich sein für eine Verspätung des Busses, also weiter Vollgas und fleissig am Lenkrad gekurbelt. Eigentlich bestand die Fahrt im Grunde nur aus einer Aneinanderreihung von Überholmannövern, ganz nach dem Motto erst überholen, dann schaun ob was kommt. Glücklicherweise konnte man die Knappheit dieser Aktionen nicht immer mitverfolgen weil die entgegenkommenden Trucks sowieso ohne Licht unterwegs waren. Zitat Christoph: "Wenn ich könnt würd ich vor zum Busfahrer gehn und ihm gscheit a Watschn gebm. Und er wüsst genau wofür die gwesn wär!"
Nun ja, damit musste man sich wohl anfreunden - viel unangenehmer hingegen wurde so langsam die Atemluft im Bus. Leider fühlten die schlummerden Sitzplatzinder nicht dazu veranlasst die Fenster auch nur einen Spalt zu öffnen bzw. machten sie das Fenster einfach wieder zu wenn man es geöffnet hatte.
Als wenn das noch nicht genug gewesen wäre...aber schlimmer geht immer! So ab der Hälfte der Fahrt war wohl der Magen einer Inderin not so amused about des Kurven-Bergab-Gerase und sie fing an lauthals zu würgen. Glücklicherweise war sie geistig stark genug um den Nöten ihres Körpers zu widerstehen bis einer der Busbegleiter ihr unbeeindruckt eine Plastiktüte in die Hand drückte. Damit war die Party eröffnet...der Anfang war getan und Tüten gabs genügend im Bus. Von diesem Angebot wurde auch dankend gebrauch gemacht und letztenendes hat die halbe Sitzplatzcrew mitgefeiert...ein wahres Kotzerama!
Leider bedeutete dieser Umstand noch lange nicht, dass nun ein Fenster geöffnet wurde...ganz im Gegenteil. Versteh das wer will.

Naja einige knapp geschnittene LKW's und ein paar Tüten später waren wir dann endlich am Ziel unserer Reise und konnten wieder frei durchatmen.
Aber wie schon erwähnt, es war Preiswert und der Bus hat uns zu B gebracht, also all cool!

(Die Erzählung beruht auf einer wahren Begebenheit. Für etwaige Übertreibungen ist nicht der Autor verantwortlich, es könnte sich um Druckfehler handeln. Ausserdem: Wenn etwas übertrieben wirkt, dann wenn überhaupt nur ein wenig! Leider muesst ihr euch momentan noch mit Bildern meines Handzs begnuegen...sowas wie nen SD-Carcreader haben wir hier noch nich auftreiben koennen.)
Also denn liebe Gruesse aus Fort Kochin, Boni!

Indien und die Sache mit dem Muell

Indien, ein wunderschoenes Land: Berge, Wuesten, Flusstaeler, Regenwald und Meer. Fuer jeden Geschmack findet sich die passende Landschaft, fuer jeden Sportler die passende Outdooraktivitaet. Ein absoluter Traum... Wenn da nicht der Muell waere... Er ist ueberall; allgegenwaertig. Altes Plastik haengt in den Bauemen, schwimmt in den Fluessen und liegt am Boden, ob nun in der Naehe von Staedten oder im absoluten Nirgendwo; ob nun auf den hoechsten Gipfeln oder in den weiten Ebenen der Wueste. Ganz Inden ist mit einer maechtig dicken Schicht aus Muell ueberzogen: vom hohen Norden bis zur suedlichsten Spitze, komplett zugemuellt. Selbst Neapel scheint hiergegen ein gruenes Paradies zu sein. Jeder der schon einmal in Neapel war, kann sich jetzt ein wages Bild von den Landschaften hier machen.

Dabei ist es nicht so, dass die Inder das stoeren wuerde. Ganz im Gegenteil. Ein Beispiel aus dem Zug: Auf dem Weg von Palolem nach Calicut sassen wir mit drei Indern in einem Abteil, wobei einer staendig in seinem Java-Script-Waelzer blaetterte, es handelte sich also um scheinbar relativ gebildete Inder. Nun wie es in indischen Zuegen so ist, rennen staendig irgendwelche Menschen durch die Sleeperclass, die den Fahrgaesten Sachen verkaufen wollen. Dabei reicht das Angebot von indischem Tee, ueber in Aluschachteln verpacktes Essen bis hin zu Stoffschneuztuechern. Letztere benutzen die Inder allerdings nicht zum Schneuzen - sie rotzen ohnehin alle halbe Stunde mal aus dem Fenster - sondern um sich das Gesicht abzuwischen. Aber das nur nebenbei erwaehnt :-). Nun die drei jungen Maenner neben uns kauften sich also Reis in Aluschaelchen, Tee in Papbechern und Trinkwasser in Plastikflaschen. Sie assen ihren Reis, tranken ihren Tee und ihr Wasser und warfen dann, nachdem sie mit dem Dinner fertig waren einfach Alles aus dem Fenster des Zuges, mitten in der Pampa... Und sie waren keineswegs die einzigen... Einfach jeder einzellner Inder handhabt die Muellentsorgung auf diese Art und Weise.
Angenommen jeder zehnte Inder werfe pro Tag ein Aluschaelchen aus dem Zug und jedes dieser Schaelchen enthalte 10 g Aluminium, dann wuerden in Indien pro Tag 1000 Tonnen Aluminium einfach so aus dem Fenster geworfen werden. Der absolute Hammer. Bei den derzeitigen Preisen fuer Al frage ich mich wieso noch kein Inder auf die Idee gekommen ist als Recyclingmagnat zu den reichsten Menschen der Welt aufzusteigen...

Ein anderes Beispiel aus den mittlerweile weit zurueckliegenden Zeiten unserer Exkursion: waehrend wir mit unserem Exkursionsbus in Rajasthan und Gujarat unterwegs waren, hauffte sich waehrend den Fahrten eine betraechtliche Menge an Muell an, den wir feinsaeuberlich in Papkartons warfen. An den jeweiligen Endhaltestellen in kleinen Doerfern oder grossen Staedten , wurde dann das ganze meist einfach auf die Strasse gekippt. Auf unsere Nachfrage, wie denn der Muell hier in Rajasthan entsorgt wuerde erhielten wir als Antwort meisst, dass es hier keine Muellabfuhr gaebe und die Menschen den Muell vor ihren Geschaeften am Ende des Arbeitstages einfach zu einem kleinen Haeuffchen zusammenkehren und anzuenden wuerden. Aus genau diesem Grunde brennen in ganz Indien, meisst am spaeten Abend, kleine Muellfeuerchen, die ihren Teppich aus beissendem Geruch ueber Staedte und Landschaften legen.
Und das allerschlimmste dabei ist: man hat einfach keine andere Moeglichkeit. Am Anfang unserer Backpackerzeit neigten wir dazu, die leeren Verpackungsgegenstaende in unseren Hosentaschen mit herumzutragen, in der Hoffnung, irgendwo wuerde man irgendwann einen Abfalleimer antreffen. Aber Fakt ist, es gibt keine Abfalleimer - zumindest nicht im Norden des Landes - und so ist man wohl oder uebel gezwungen, die Entsorgung seines Muells ebenfalls so zu handhaben wie alle Anderen. Hier im Sueden (wir sind gerade im Fort Kochi angekommen) ist diese Situation jedoch etwas anders. Es gibt soetwas wie eine Muellabfuhr und ganz selten finden sich auch mal Abfalleimer- aber wirklich nur ganz selten.
Indien, ein scheinbar aufstrebendes Schwellenland - in vielerlei Hinsicht doch einfach nur dritte Welt.
So, beim naechsten Mal gibts wieder erfreulichere Posts ueber eine sehr abenteuerliche Busfahrt und darueber, wie man denn eine "special permission" fuer einen eigentlich wegen Waldgrossbrand geschlossenen Nationalpark bekommt :-)
Bis Bald
Christoph